Ach, was muss man oft von bösen Kindern hören oder lesen Wie zum Beispiel hier von diesen Welche Max und Moritz hießen Die, anstatt durch weise Lehren Sich zum Guten zu bekehren Oftmals noch darüber lachten Und sich heimlich lustig machten Ja, zur Übeltätigkeit Ja, dazu ist man bereit Menschen necken, Tiere quälen Äpfel, Birnen, Zwetschgen stehlen Das ist freilich angenehmer Und dazu auch viel bequemer Als in Kirche oder Schule Festzusitzen auf dem Stuhle Aber wehe, wehe, wehe Wenn ich auf das Ende sehe Ach, das war ein schlimmes Ding Wie es Max und Moritz ging. Drum ist hier, was sie getrieben Abgemalt und aufgeschrieben Mancher gibt sich viele Müh' Mit dem lieben Federvieh Einesteils der Eier wegen Welche diese Vögel legen Zweitens, weil man dann und wann Einen Braten essen kann Drittens aber nimmt man auch Ihre Federn zum Gebrauch In die Kissen und die Pfühle Denn man liegt nicht gerne kühle Seht, da ist die Witwe Bolte Die das auch nicht gerne wollte Ihrer Hühner waren drei Und ein stolzer Hahn dabei Max und Moritz dachten nun Was ist hier jetzt wohl zu tun Ganz geschwinde, eins, zwei, drei Schneiden sie sich Brot entzwei In vier Teile jedes Stück Wie ein kleiner Finger dick Diese binden sie an Fäden Übers Kreuz, ein Stück an jeden Und verlegen sie genau In den Hof der guten Frau Kaum hat dies der Hahn gesehen Fängt er auch schon an zu krähen Kikeriki! Kikikerikih Tak, tak, tak, da kommen sie Hahn und Hühner schlucken munter Jedes ein Stück Brot hinunter Aber als sie sich besinnen Konnte keines recht von hinnen In die Kreuz und in die Quer Reißen sie sich hin und her Flattern auf und in die Höh' Ach herje, herjemineh! Ach, sie bleiben an dem langen Dürren Ast des Baumes hangen Und ihr Hals wird lang und länger Ihr Gesang wird bang und bänger Jedes legt noch schnell ein Ei Und dann kommt der Tod herbei Witwe Bolte in der Kammer Hört im Bette diesen Jammer Ahnungsvoll tritt sie heraus Ach, was war das für ein Graus Fließet aus dem Aug', ihr Tränen All' mein Hoffen, all' mein Sehnen Meines Lebens schönster Traum Hängt an diesem Apfelbaum Tiefbetrübt und sorgenschwer Kriegt sie jetzt das Messer her Nimmt die Toten von den Strängen Daß sie so nicht länger hängen Und mit stummem Trauerblick Kehrt sie in ihr Haus zurück Dieses war der erste Streich Doch der zweite folgt sogleich Als die gute Witwe Bolte Sich von ihrem Schmerz erholte Dachte sie so hin und her Daß es wohl das beste wär' Die Verstorb'nen, die hienieden Schon so frühe abgeschieden Ganz im stillen und in Ehren Gut gebraten zu verzehren Freilich war die Trauer groß Als sie nun so nackt und bloß Abgerupft am Herde lagen Sie, die einst in schönen Tagen Bald im Hofe, bald im Garten Lebensfroh im Sande scharrten Ach, Frau Bolte weint aufs neu Und der Spitz steht auch dabei Max und Moritz rochen dieses Schnell aufs Dach gekrochen! hieß es Durch den Schornstein mit Vergnügen Sehen sie die Hühner liegen Die schon ohne Kopf und Gurgeln Lieblich in der Pfanne schmurgeln Eben geht mit einem Teller Witwe Bolte in den Keller Dass sie von dem Sauerkohle Eine Portion sich hole Wofür sie besonders schwärmt Wenn er wieder aufgewärmt Unterdessen auf dem Dache Ist man tätig bei der Sache Max hat schon mit Vorbedacht Eine Angel mitgebracht Schnupdiwup! da wird nach oben Schon ein Huhn heraufgehoben Schnupdiwup! Jetzt Numro zwei Schnupdiwup! Jetzt Numro drei Und jetzt kommt noch Numro vier Schnupdiwup! Dich haben wir Zwar der Spitz sah es genau Und er bellt: Rawau, Rawau Aber schon sind sie ganz munter Fort und von dem Dach herunter Na! Das wird Spektakel geben Denn Frau Bolte kommt soeben Angewurzelt stand sie da Als sie nach der Pfanne sah Alle Hühner waren fort Spitz! Das war ihr erstes Wort Oh, du Spitz, du Ungetüm Aber wart! ich komme ihm Mit dem Löffel, groß und schwer Geht es über Spitzen her Laut ertönt sein Wehgeschrei Denn er fühlt sich schuldenfrei Max und Moritz im Verstecke Schnarchen aber an der Hecke Und vom ganzen Hühnerschmaus Guckt nur noch ein Bein heraus Dieses war der zweite Streich Doch der dritte folgt sogleich Jedermann im Dorfe kannte Einen, der sich Böck benannte Alltagsröcke, Sonntagsröcke Lange Hosen, spitze Fräcke Westen mit bequemen Taschen Warme Mäntel und Gamaschen Alle diese Kleidungssachen Wusste Schneider Böck zu machen Oder wäre was zu flicken Abzuschneiden, anzustücken Oder gar ein Knopf der Hose Abgerissen oder lose Wie und wo und wann es sei Hinten, vorne, einerlei Alles macht der Meister Böck Denn das ist sein Lebenszweck D'rum so hat in der Gemeinde Jedermann ihn gern zum Freunde Aber Max und Moritz dachten Wie sie ihn verdrießlich machten Nämlich vor des Meisters Hause Floss ein Wasser mit Gebrause Über's Wasser führt ein Steg Und darüber geht der Weg Max und Moritz, gar nicht träge Sägen heimlich mit der Säge Ritzeratze! voller Tücke In die Brücke eine Lücke Als nun diese Tat vorbei Hört man plötzlich ein Geschrei He, heraus! du Ziegen-Böck Schneider, Schneider, meck, meck, meck Alles konnte Böck ertragen Ohne nur ein Wort zu sagen Aber, wenn er dies erfuhr Ging's ihm wider die Natur Schnelle springt er mit der Elle Über seines Hauses Schwelle Denn schon wieder ihm zum Schreck Tönt ein lautes Meck-meck-meck Und schon ist er auf der Brücke Kracks! Die Brücke bricht in Stücke Wieder tönt es meck, meck, meck Plumps! Da ist der Schneider weg G'rad als dieses vorgekommen, Kommt ein Gänsepaar geschwommen Welches Böck in Todeshast Krampfhaft bei den Beinen fasst Beide Gänse in der Hand, Flattert er auf trocknes Land Übrigens bei alledem Ist so etwas nicht bequem Wie denn Böck von der Geschichte Auch das Magendrücken kriegte Hoch ist hier Frau Böck zu preisen Denn ein heißes Bügeleisen Auf den kalten Leib gebracht Hat es wieder gut gemacht Bald im Dorf hinauf, hinunter Hieß es, Böck ist wieder munter Dieses war der dritte Streich Doch der vierte folgt sogleich Also lautet ein Beschluß Dass der Mensch was lernen muss Nicht allein das Abc Bringt den Menschen in die Höh' Nicht allein im Schreiben, Lesen Übt sich ein vernünftig Wesen Nicht allein in Rechnungssachen Soll der Mensch sich Mühe machen Sondern auch der Weisheit Lehren Muss man mit Vergnügen hören Dass dies mit Verstand geschah War Herr Lehrer Lämpel da Max und Moritz, diese beiden Mochten ihn darum nicht leiden Denn wer böse Streiche macht Gibt nicht auf den Lehrer acht Nun war dieser brave Lehrer Von dem Tobak ein Verehrer Was man ohne alle Frage Nach des Tages Müh und Plage Einem guten, alten Mann Auch von Herzen gönnen kann Max und Moritz, unverdrossen Sinnen aber schon auf Possen Ob vermittelst seiner Pfeifen Dieser Mann nicht anzugreifen Einstens, als es Sonntag wieder Und Herr Lämpel brav und bieder In der Kirche mit Gefühle Saß vor seinem Orgelspiele Schlichen sich die bösen Buben In sein Haus und seine Stuben Wo die Meerschaumpfeife stand Max hält sie in seiner Hand Aber Moritz aus der Tasche Zieht die Flintenpulverflasche Und geschwinde, stopf, stopf, stopf Pulver in den Pfeifenkopf Jetzt nur still und schnell nach Haus Denn schon ist die Kirche aus Eben schließt in sanfter Ruh' Lämpel seine Kirche zu Und mit Buch und Notenheften Nach besorgten Amtsgeschäften Lenkt er freudig seine Schritte Zu der heimatlichen Hütte Und voll Dankbarkeit sodann, Zündet er sein Pfeifchen an Ach, spricht er, die größte Freud' Ist doch die Zufriedenheit Rums! Da geht die Pfeife los Mit Getöse, schrecklich groß Kaffeetopf und Wasserglas Tabaksdose, Tintenfass Ofen, Tisch und Sorgensitz Alles fliegt im Pulverblitz Als der Dampf sich nun erhob Sieht man Lämpel, der gottlob Lebend auf dem Rücken liegt Doch er hat was abgekriegt Nase, Hand, Gesicht und Ohren Sind so schwarz als wie die Mohren Und des Haares letzter Schopf Ist verbrannt bis auf den Kopf Wer soll nun die Kinder lehren Und die Wissenschaft vermehren Wer soll nun für Lämpel leiten Seine Amtestätigkeiten Woraus soll der Lehrer rauchen Wenn die Pfeife nicht zu brauchen Mit der Zeit wird alles heil Nur die Pfeife hat ihr Teil Dieses war der vierte Streich Doch der fünfte folgt sogleich Wer im Dorfe oder Stadt Einen Onkel wohnen hat Der sei höflich und bescheiden Denn das mag der Onkel leiden Morgens sagt man Guten Morgen Haben Sie was zu besorgen Bringt ihm, was er haben muss Zeitung, Pfeife, Fidibus Oder sollt' es wo im Rücken Drücken, beißen oder zwicken Gleich ist man mit Freudigkeit Dienstbeflissen und bereit Oder sei's nach einer Prise Dass der Onkel heftig niese Ruft man: Prosit! allsogleich Danke, wohl bekomm' es euch Oder kommt er spät nach Haus, Zieht man ihm die Stiefel aus Holt Pantoffel, Schlafrock, Mütze Dass er nicht im Kalten sitze Kurz, man ist darauf bedacht Was dem Onkel Freude macht Max und Moritz ihrerseits Fanden darin keinen Reiz Denkt euch nur, welch' schlechten Witz Machten sie mit Onkel Fritz Jeder weiß, was so ein Mai- Käfer für ein Vogel sei In den Bäumen hin und her Fliegt und kriecht und krabbelt er Max und Moritz, immer munter Schütteln sie vom Baum herunter In die Düte von Papiere Sperren sie die Krabbeltiere Fort damit und in die Ecke Unter Onkel Fritzens Decke Bald zu Bett geht Onkel Fritze In der spitzen Zippelmütze Seine Augen macht er zu Hüllt sich ein und schläft in Ruh Doch die Käfer, kritze, kratze Kommen schnell aus der Matratze Schon fasst einer, der voran Onkel Fritzens Nase an Bau, schreit er Was ist das hier Und erfaßt das Ungetier Und den Onkel voller Grausen Sieht man aus dem Bette sausen Autsch, Schon wieder hat er einen Im Genicke, an den Beinen Hin und her und rund herum Kriecht es, fliegt es mit Gebrumm Onkel Fritz, in dieser Not Haut und trampelt alles tot Guckste wohl! Jetzt ist's vorbei Mit der Käferkrabbelei Onkel Fritz hat wieder Ruh' Und macht seine Augen zu Dieses war der fünfte Streich Doch der sechste folgt sogleich In der schönen Osterzeit Wenn die frommen Bäckersleut' Viele süße Zuckersachen Backen und zurechte machen Wünschten Max und Moritz auch Sich so etwas zum Gebrauch Doch der Bäcker, mit Bedacht Hat das Backhaus zugemacht Also will hier einer stehlen Muss er durch den Schlot sich quälen Ratsch! Da kommen die zwei Knaben Durch den Schornstein, schwarz wie Raben Puff! Sie fallen in die Kist' Wo das Mehl darinnen ist Da! Nun sind sie alle beide Rund herum so weiß wie Kreide Aber schon mit viel Vergnügen Sehen sie die Brezeln liegen. Knacks! — Da bricht der Stuhl entzwei Schwapp! — Da liegen sie im Brei Ganz von Kuchenteig umhüllt Steh'n sie da als Jammerbild Gleich erscheint der Meister Bäcker Und bemerkt die Zuckerlecker Eins, zwei, drei! — eh' man's gedacht Sind zwei Brote d'raus gemacht In dem Ofen glüht es noch Ruff damit ins Ofenloch Ruff! man zieht sie aus der Glut Denn nun sind sie braun und gut Jeder denkt, die sind perdü Aber nein, noch leben sie Knusper, Knasper! — wie zwei Mäuse Fressen sie durch das Gehäuse Und der Meister Bäcker schrie Ach herrjeh! da laufen sie Dieses war der sechste Streich Doch der letzte folgt sogleich Max und Moritz, wehe euch Jetzt kommt euer letzter Streich Wozu müssen auch die beiden Löcher in die Säcke schneiden Seht, da trägt der Bauer Mecke Einen seiner Maltersäcke Aber kaum, dass er von hinnen Fängt das Korn schon an zu rinnen Und verwundert steht und spricht er Zapperment! dat Ding werd lichter Hei! Da sieht er voller Freude Max und Moritz im Getreide Rabs, in seinen großen Sack Schaufelt er das Lumpenpack. Max und Moritz wird es schwüle Denn nun geht es nach der Mühle Meister Müller, he, heran Mahl er das, so schnell er kann Her damit und in den Trichter Schüttelt er die Bösewichter Rickeracke! Rickeracke! Geht die Mühle mit Geknacke Hier kann man sie noch erblicken Fein geschroten und in Stücken Doch sogleich verzehret sie Meister Müllers Federvieh. Als man dies im Dorf erfuhr War von Trauer keine Spur Witwe Bolte, mild und weich Sprach: Sieh' da, ich dacht' es gleich Ja, ja, ja! rief Meister Böck Bosheit ist kein Lebenszweck Drauf so sprach Herr Lehrer Lämpel Dies ist wieder ein Exempel Freilich! meint der Zuckerbäcker Warum ist der Mensch so lecker Selbst der gute Onkel Fritze Sprach, das kommt von dumme Witze Doch der brave Bauersmann Dachte: Wat geiht meck dat an Kurz: im ganzen Ort herum Ging ein freudiges Gebrumm Gott sei Dank! Nun ist's vorbei Mit der Übeltäterei